Dirk Diedrich

Sozialdemokrat

28. Juli 2017

Allgemein/Dithmarschen/Heide/Pressemitteilung
Warum will Politik immer erziehen?

Dirk Diedrich
Dirk Diedrich | Foto: Steffen Voß

Kennt ihr das nicht auch? Politiker sind doch geborene Klugscheißer. Fast so eine Spezies wie Unternehmensberater, die einem ungefragt Vorschläge machen zu Dingen, die man wahrscheinlich besser selber kann, und dann da auch noch ein Hurra, oder Geld wollen. Politik neigt dazu den Bürger erziehen zu wollen.

Eigentlich wollte ich nur Gehwegplatten

Es war ein ganz normaler Ortstermin des Heider Ausschuss für Familie, Schule und Sport. Thema waren Konflikte zwischen der ortsansässigen Musikschule und unserem Jugendzentrum, die sich ein gemeinsames Gebäude teilen. Die Einen müssen am Eingang der Anderen vorbei, und das gibt eben ab und zu Zoff, zumal die Kinder und Jugendlichen aus ganz unterschiedlichen Motiven am selben Ort sind. Kurzum, ich bat darum doch einen Ortstermin zu machen, damit man sich das „Dilemma“ vor Ort mal anschaut.

Gesagt, getan. Der Ausschuß trifft sich mit den Verantwortlichen vor Ort und geht um das Gebäude. Immer klug nicken und didaktisch Grunzen, wenn einer was erzählt, denn wir sind ja gute Politiker, die dem Bürger zuhören. Mein Blick wandert über die Grünanlage Richtung Stadtbücke. Ein Mitbesucher erzählt was über die schwierige Parksituation, bei der „Anlieferung“ der jungen Musizierenden. „Die steigen immer hier im Kurvenbereich aus, das ist lebensgefährlich.“ Der Vorsitzende des Ausschusses runzelt die Stirn und verweist auf den großen Parkplatz hinter dem Haus.

Meine Gedanken kreisen. Ich denke mir so, „Na, vielleicht ist es einfach bequemer, weil es der kürzeste Weg ist, wenn man die jungen Leute vorne aussteigen lässt.“ Egal, der nächste Redner weiß, dass man ja auch auf dem neuen Parkplatz am Bahnhof anhalten kann, da wäre es ja auch sicher, meint er. In Gedanken bin ich wieder bei der Grünanlage. Da war doch ein breiter Trampelpfad in Richtung Bahnhof, denke ich so bei mir. Also gehen die Menschen da wohl, oder?

Wenn man den Menschen vertraut

Ich springe kurz ein wenig vom Thema weg. Ein Professor für Prozessautomatisierung in Flensburg nahm uns früher mal an die Seite und zeigte uns die Gartenanlagen des Campus. Schöne, gerade gepflasterte Wege, tolle Rasenanlagen. Wenn da nur nicht die lästigen Trampelpfade wären. Er meinte damals zu uns Studierenden folgendes: „Seht ihr, wenn die Planer klug gewesen wären, dann hätten sie nicht erst die Wege gepflastert die eh keiner nutzt, sondern sie hätten das ein paar Monate so gelassen und dann dort gepflastert wo die Menschen laufen.“

Ich bin immer noch bei Gehwegplatten

So erinnert betrachtete ich also diesen Weg zum Bahnhof. Gut, fix die Verwaltung mal fragen. „Hartmut, macht es Sinn hier Gehwegplatten zu legen? Dann kommen die Kids viel leichter zum Parkplatz.“, sagte ich leicht unbefangen. Oha, da hatte ich was gesagt. Der Sturm der politischen Entrüstung knallte mir vom rechten und linken Lager entgegen. „Nein, da ist doch der Bürgersteig!“, „Wenn die zu faul sind da zu laufen, dann muss hier ’n Zaun hin.“, „Die petten das ganze Gras ja platt!“, Unsinn und blödes Zeug kamen dann auch noch irgendwie vor. Ergo, ich werde gar nicht für voll genommen.

Politik: Keine Gehwegplatten aber Erziehung

Ein kleiner Versuch das Problem nun mal auf ein größeres zu projizieren. Ja, klar bin ich enttäuscht, dass ich mich nicht durchsetzen konnte, aber viel schlimmer finde ich dieses Problem, dass die Politik die Menschen immer krampfhaft erziehen will. „Die müssen da laufen wo wir pflastern“. Ne, müssen sie nicht. Die Menschen gehen da, wo es am rationellsten ist, am schönsten ist, oder sonst was. Das einzige was Mensch aus dieser Art Politik lernt ist genau das Gegenteil. „Welcher Idiot hat sich denn das ausgedacht?“ oder „Ja, sind ja unsere Steuergelder.“

Man könnte da tausende Reaktionen aufzählen. Ich frage mich manchmal woher die Arroganz der Politik herrührt, das man den Menschen da so wenig zutrauen will? Ihr wisst es, ich bin ja nun schon oft in meinen Blogartikeln darauf eingegangen, dass Vertrauen nur auf Gegenseitigkeit beruhen kann (hier). Wenn ich als Politiker ernst genommen will, dann muss ich die Rahmenbedingungen ändern, aber nicht die Menschen erziehen wollen.

Bis ich das erreicht habe, ärgere ich mich einfach ein wenig weiter darüber, dass da nun keine Gehwegplatten auf dem Rasen liegen.

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2 Kommentare

  1. Michael Josef Rittel sagt:

    „Die müssen da laufen wo wir pflastern“. Dirk, ich stimme dir zu, so kann Politik nicht funktionieren! Auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen, wenn überall da, wo ich bisher gelaufen bin, Pflastersteine liegen würden, dann würde ich kaum noch Grün sehen! Demokratie & Politik können mir Wege zeigen, aber gehen muss ich selbst!

    • ddiedrich sagt:

      Ja, und nein. Menschen dort abholen wo sie sind. Ihre Sorgen sehen und ernst nehmen. Nicht nach dem Mund reden, aber sie auch nicht krampfhaft verändern wollen. Wenn man eine andere Gesellschaft will, dann muss man längerfristig was tun. Bildung zum Beispiel.

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